Lieber Dogi, wie würdest Du Deinen Job als Stylist beschreiben?
Ich arbeite entweder für Magazine oder für verschiedene Kunden, meistens Werbekunden, und helfe ihnen, stilistisch neue Wege zu gehen oder Kollektionen zu stylen. Im Großen und Ganzen geht es also darum, die Klamotten gut darzustellen bzw. zu verkaufen.
Was magst du besonders an deinem Job?
Am liebsten mag ich die Vielfalt. Früher dachte ich, es gibt nur Commercial- oder Magazin-Styling. Jetzt erfahre ich, wie viele Facetten der Job hat und dass jeder Auftrag etwas ganz Neues mit sich bringt.
Gibt es auch etwas, dass Dir nicht gefällt?
Ich reise extrem viel, was natürlich ein Privileg ist, aber eben auch sehr anstrengend. Ich weiß, dass das ein Luxusproblem ist, aber was glamourös klingt, ist im Alltag oft sehr anstrengend: nachts anreisen, früh morgens am Set arbeiten und nachts wieder zurückfliegen. Das ist eine Form der Überforderung, die auch irgendwann an der Gesundheit nagt.
Du bist freiberuflich tätig. Was ist für Dich das Beste an dieser Arbeitsform?
Die Tagesgage (lacht). Und die Freiheit und Vielfalt. Ich könnte nicht gut für das immer gleiche Unternehmen arbeiten. Für mich als Freiberufler ist es das Schönste, immer wieder neue Leute kennenzulernen – und eben keinen normalen Bürojob zu haben.
Was sind denn die Schattenseiten der Selbständigkeit?
Die
Steuern. Nein, ich mach nur Quatsch. Was ich wirklich nicht mag, ist, wie leicht man ausgenutzt wird – gerade als Berufsanfänger. Wenn der Festangestellte um Abend Feierabend macht, kann man sich sicher sein, der Freelancer arbeitet bis in die Nacht. Ich beklage mich nicht über meine
Arbeitszeiten, denn wir verdienen auch mehr als die Festangestellten [Das Bruttogehalt eines Freelancers sollte das 1,5-Fache eines Angestellten betragen. Ein angestellter Stylist verdient zwischen 30.000 Euro und 50.000 Euro pro Jahr**.] – aber es fehlt einfach oft die Menschlichkeit.
Kannst Du von deiner Arbeit leben?
Ja, auf jeden Fall.
Wie wichtig sind Dir Geld und finanzielle Sicherheit im Job?
Ich habe sehr jung angefangen Geld zu verdienen. Und wenn man sich einmal einen bestimmten Lebensstandard erarbeitet hat, möchte man ihn natürlich auch gern aufrechterhalten.
Zusammengefasst würde ich sagen: mir ist Geld wichtig, aber die finanzielle Sicherheit ist mir noch viel wichtiger. Jetzt Geld zu haben ist etwas Anderes als Geld für die Zukunft zu haben. Um eine finanzielle Absicherung für die Zukunft zu haben, mache ich auch gerne jetzt Abstriche und esse dann vielleicht auch mal statt dem „Brot mit
Gold“ nur ein Knäckebrot (lacht).
Würdest du Deinen Job auch machen, wenn du damit kein Geld verdienen würdest?
Das habe ich gemacht. Ich habe nach meinem Schulabbruch fast drei Jahre lang gearbeitet, ohne Geld zu verdienen. Anfangs wollte ich sogar aufhören, weil ich kein Geld verdient habe und nebenbei jobben musste. Das ist der Teufelskreis: Wenn du viel nebenbei arbeitest, kannst du dich nicht auf das Wesentliche konzentrieren. Diese Hürde muss man meistern.
Was würdest Du anderen raten?
Mein Tipp ist es, viel zu arbeiten und Geld auf die Seite zu legen. Und sich dann anschließend selbständig zu machen.
Welche Werte haben im Arbeitsleben deiner Eltern eine große Rolle gespielt? Und inwiefern haben sie Deinen Werdegang beeinflusst?
Dass ich mit 16 von der Schule geflogen bin und sie dann abgebrochen habe, war für meine Eltern so ziemlich das Schlimmste, was passieren konnte. Meine Mutter, als studierte Juristin, und auch mein Vater hatten null Verständnis. Deshalb hatte ich auch erst einmal keinen Support von Zuhause. Meine Mutter hat die Branche und die Faszination als moderne Frau schon verstanden, aber sie hat nicht geglaubt, dass ich damit Geld verdienen kann. Mein Werdegang hat also andersrum bei meinen Eltern etwas ausgelöst und ihnen gezeigt, dass ihre Werte ("Du musst Abitur machen und studieren!") nicht immer stimmen müssen. Das hat natürlich gedauert: aber heute bekomme ich großartigen, menschlichen Support von meiner Familie.