Fairbag

Silvia Ritter im Gespräch

Seit der Gründung 2009 ist es das Ziel von Fairbag, Menschen Arbeit und Sinn zu bieten, die sich sonst nur schwer in Unternehmen integrieren. Nach Inspiration durch den italienischen Designer Sergio Missiaggia entstand dann die Idee, aus alten Drucktüchern per Upcycling Taschen herzustellen.
W2: In drei Sätzen – was ist eure Geschäftsidee?
Silvia: Upcycling-Taschen aus gebrauchten Drucktüchern. Ein Unternehmen, das Menschen und Materialien eine neue Chance gibt. Stärken neu entdecken, vorhandenes Potenzial zu nutzen und dabei den Menschen und die Umwelt in den Mittelpunkt zu stellen.
W2: Wie seid ihr auf eure Idee gekommen?
Silvia: Bei dem italienischen Designer Sergio Missiaggia hatte ich die Verwendung von gebrauchten Drucktüchern gesehen. Daraus entstand die Idee, Taschen in unterschiedlichen Falttechniken herzustellen. Gegründet wurde Fairbag dann 2009: Wir wollten ein Unternehmen gründen, in dem wir Mitarbeiter mit teilweise starken Einschränkungen beschäftigen können. Dadurch war klar, dass wir nicht mit den üblichen Marktpreisen mithalten können. Deshalb entschieden wir uns dafür, mit unserem Produkt in eine Nische zu gehen: umweltfreundlich, nachhaltig und in Handarbeit. Als zusätzliche Materialien werden gebrauchte Sicherheitsgurte und gebrauchte Kabel verwertet. Dadurch versuchen wir, wertvolle Rohstoffe zu einzusparen und unseren Abfallberg zu verringern.

Wir beschäftigen Mitarbeiter, die in der normalen Arbeitswelt kaum eine Chance haben. Wir sind jedoch keine Behindertenwerkstätte und arbeiten ohne jegliche staatliche Zuschüsse. Unsere Mitarbeiter sind z.B. deutlich älter, d.h. sie sind sowohl vom Arbeitstempo als auch von der Auffassungsgabe schlicht zu langsam für ein Unternehmen. Oder nach einer Krebserkrankung von der Krankheit gezeichnet und in der Belastbarkeit eingeschränkt. Bei chronisch Kranken haben wir immer wieder Ausfallzeiten und extreme Leistungsschwankungen. Mütter haben auch heute noch das Problem der Kinderbetreuung, bei auffälligen Kindern ist dies besonders schwer. Gerade für diese Mütter ist es jedoch extrem wichtig, Bestätigung durch ihre Arbeit zu erfahren. Auch Mitarbeiter die die deutsche Sprache gar nicht oder kaum beherrschen, können hier ihren Einstieg bekommen.
W2: Was zeichnet eure Geschäftsidee besonders aus?
Silvia: Das Besondere ist nicht, was wir machen, sondern wie wir es machen! Die meisten unserer Mitarbeiter haben einen langen Leidensweg hinter sich. Zum einen erfahren sie Druck durch die Arbeitsagenturen, zum anderen ist ihr Selbstvertrauen durch Misserfolge zerstört, sodass sie sich eigentlich nichts mehr zutrauen und positive Erfahrungen gar nicht mehr stattfinden. Für diese Menschen ist ein Wiedereinstieg auf herkömmlichem Weg kaum machbar. Nicht, weil sie nicht wollen, sondern weil sie es sich schlicht und einfach nicht mehr zutrauen.

Hier wollen wir ihnen die Möglichkeiten geben, ihre Stärken wieder zu entdecken, sich einzubringen, eine Bestätigung zu erhalten. So werden unsere Taschen etwa nicht von einem einzelnen entworfen, sondern von der kompletten Belegschaft entwickelt. Dadurch kann sich jeder Mitarbeiter mit dem Produkt identifizieren und die direkte Teilhabe stärkt das Selbstvertrauen. Das ist Nachhaltigkeit gegenüber Mensch und Umwelt!

W2: Warum ist euch Nachhaltigkeit so wichtig?
Silvia: Es hört sich vielleicht abgedroschen an, aber wir haben nur diese eine Welt, die wir an unsere Kinder weitergeben können.

W2: Was würdest du jemandem raten, der nachhaltiger leben möchte, um einfach und schnell etwas zu verändern?
Silvia: Den eigenen Konsum überdenken. Was brauche ich wirklich – und worauf kann ich problemlos verzichten? Das hat auch oft etwas sehr befreiendes, denn eigentlich setzt uns das ständige Bedürfnis, die andauernde Erwartung zu konsumieren, ununterbrochen unter Druck.

W2: Vielen Dank für das angenehme Gespräch Silvia.
Silvia: Gerne immer wieder, meldet euch einfach!

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Interviewpartner

Silvia Ritter (Betriebsleiterin)
Fairbag

Gründungsdatum: 2009
Hauptsitz: Schwäbisch-Hall